Definition

Der Begriff Intersektionalität aus dem Englischen „Intersection“ beschreibt das Zusammenspiel verschiedener Diskriminierungsfaktoren und legt den Fokus auf die Betrachtung derer Wechselwirkungen. Die „Intersection“ steht metaphorisch für eine Straßenkreuzung, an der aus mehreren Richtungen Verkehr kommen kann. Wie es bei einer Straßenkreuzung üblich ist, kann die Gefahr eines Unfalls daher aus verschiedenen Richtungen kommen. Genauso verhält es sich auch mit den Diskriminierungsformen, die sich überlagern oder kreuzen können. Geschlecht/ Gender, sexuelle Orientierung, Religion oder Weltanschauung, Nationalität, Alter, soziale Herkunft oder körperliche und geistige Fähigkeiten stellen nicht nur Vielfaltsmerkmale dar, sondern sind auch gleichzeitig Diskriminierungskategorien. Menschen können aufgrund eines oder mehrerer Merkmale diskriminiert werden.

Entstehung

Die amerikanische Juristin Kimberlé Crenshaw verwendete erstmals den Begriff Ende der achtziger Jahre, um Kritik gegen das Einstellungsverfahren in Unternehmen sowie gegen die Nicht-Anerkennung von Lebensrealitäten und Diskriminierungserfahrungen Schwarzer Frauen zu äußern. Denn anders als der weißen Bevölkerung und den Schwarzen Männern, wurde den Schwarzen Frauen die Kündigung infolge eines Personalabbaus gereicht. Die Rechtsgrundlage verwehrte Schwarzen Frauen jedoch den Anspruch auf eine Klage, da das Gericht Gegenbeweise lieferte. Diese Beweise zeigten auf, dass weiße Frauen und Schwarze Männer dennoch weiterhin beschäftigt wurden und somit kein Diskriminierungsfall gegenüber Frauen oder Schwarzen Personen vorlag. Die Kategorie „Schwarze Frauen“ war bis dato kein anerkannter Diskriminierungsgrund gewesen, um gerichtlich vorzugehen. Crenshaw wies infolgedessen auf die intersektionale Diskriminierung bzw. Mehrfachdiskriminierung hin, von denen Schwarze Frauen aufgrund ihres „Geschlechts“ und ihrer „Rasse“ betroffen sind. Das Konzept der Mehrfachdiskriminierung hilft dabei, die Situation von Schwarzen Frauen in ihrer Komplexität besser zu erfassen und Diversity-Maßnahmen gegen strukturelle Diskriminierung in Organisationen anzupassen. Auch gelang es ihr, bestehende Rechtslücken in der Antidiskriminierungsarbeit aufzudecken. Sie forderte des Weiteren eine Überarbeitung der feministischen und antirassistischen Arbeit an.

Diskriminierung im Bewerbungsverfahren

Feldversuche und Studien zeigen, dass vor allem in Bewerbungen Diskriminierung eine bedeutende Rolle spielt. Eine Studie deckt Benachteiligungen, während der Bewerbungsprozesse auf. In der Studie wurden 1500 fiktive Bewerbungen verschickt und die Rückmeldungen analysiert und ausgewertet. Dabei wurden Bewerbungen von drei fiktiven Personen verschickt, die die gleichen Qualifikationen, aber jeweils unterschiedliche Namen und ein leicht verändertes Aussehen hatten. Die Auswertung gibt eindeutige Rückschlüsse auf die Benachteiligung von bestimmten Gruppen preis. Während Sandra Bauer die meisten Rückmeldungen und Einladungen erhielt, bekam Meryem Öztürk, die das gleiche Aussehen hat, aber einen türkischen Namen trägt, deutlich weniger positive Rückmeldungen. Noch eklatanter war es bei der gleichen Bewerbung, allerdings mit einem Bild von einer Frau mit Kopftuch und einem türkischen Namen. In diesem Fall wurde festgestellt, dass sie sich 4,5-mal häufiger als die Bewerberin Sandra Bauer bewerben musste, nur um zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden.  Dabei hatte die Größe eines Unternehmens sowie die Qualifikation keinen Einfluss auf das Endergebnis. Dadurch wird klar, dass in deutschen Unternehmen Bewerber*innen mit türkischen Namen und Kopftuch einer viel größeren Benachteiligung ausgesetzt sind als ihre Mitstreiter*innen ohne diese Merkmale.

Hierbei spielen vor allem kulturelle Zuschreibungen, Vorurteile über bestimmte Religionen oder Weltanschauungen sowie soziale Herkunft und Nationalität eine tragende Rolle.

Hierbei kommt der Begriff der Intersektionalität wieder zum Tragen, denn die Frauen in der Studie werden aufgrund ihrer religiösen Zuschreibung (Kopftuch), ihres Geschlechts und ihres Migrationshintergrundes diskriminiert, obwohl sie hervorragende Deutschkenntnisse und deutsche Bildungsbiografien vorwiesen. 

Doch das Problem der Diskriminierung verschärft sich zunehmend mit steigendem Qualifikationsgrad. Für höhere Stellen mussten sich Frauen mit türkischen Namen 7,6-mal öfter bewerben als Sandra Bauer.  In Deutschland werden Migrant*innen immer noch für Positionen mit höherem beruflichem Status selten in Betracht gezogen, völlig ungeachtet ihrer Qualifikation.

Der intersektionale Ansatz zeigt auf, dass Diskriminierungskategorien nicht allein betrachtet werden dürfen und dass sich diese in ihrer Wechselwirkung verstärken können.

Quellen:

  1. https://www.vielfalt-mediathek.de/intersektionalitaet, 25.09.2022
  2. https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/130420/intersektionalitaet-e-t-nach-hause-telefonieren/, 25.09.2022
  3. https://echte-vielfalt.de/lebensbereiche/lsbtiq/was-ist-eigentlich-intersektionalitaet/, 26.09.2022
  4. https://www.klagsverband.at/archives/11582, 26.09.2022
  5. https://www.gwi-boell.de/de/intersektionalitaet, 27.09.2022