Wahrnehmungen, Denkweisen und Beurteilungen, die unbewusst und automatisch stattfinden, werden unbewusste Vorurteile oder auf Englisch Unconscious Biases genannt.

Erlernte Werte, Meinungen und Normen werden früh unbewusst verankert und gefestigt. Seit unserer Kindheit an verinnerlichen wir verzerrte Wahrnehmungsbilder. Ab diesem Zeitpunkt fangen wir an, sie aufzunehmen, sodass es zu fehlerhaften Verzerrungen kommt. Das Gehirn versucht durch diesen Prozess die Komplexität und Masse der ständig verfügbaren und einströmenden Informationen zu verarbeiten und zu vereinfachen. Jedoch birgt bei der Vereinfachung die Gefahr, dass oftmals falsche Wahrnehmungsmuster entstehen. Das Gehirn verknüpft wahrgenommene Bilder mit altbekannten Mustern, Erfahrungen, kulturellen Prägungen und Stereotypen. Diese mentale Abkürzung dient dazu, schnell und ressourcenschonend Entscheidungen zu treffen. Dieser biologische Prozess findet bei jedem unbewusst statt, führt aber dazu, dass stereotypische Muster weiterhin verinnerlicht und verstärkt werden.

Studien haben gezeigt, dass in bestimmten Gruppen spezifische Menschen als Bedrohung assoziiert werden. In den USA sind es beispielsweise Schwarze Menschen, während es in Deutschland vor allem Muslime sind, die sehr oft als Bedrohung empfunden werden. Das Experiment „Shooter´s Bias“ zeigt auf, wie rassistische Vorurteile unser Verhalten unbewusst steuern. Bei der Simulation mussten die Proband*innen innerhalb einer Bruchsekunde entscheiden, ob Gefahr von einer Person ausgeht oder nicht.

Doch was macht Gefahr aus und wie eindeutig lässt sich diese einordnen? Es stellt sich heraus, dass Hautfarbe und die Zuschreibung zu bestimmten Kulturen einen deutlichen Einfluss auf die Reaktionszeit haben.  Schwarze Personen, die zwar unbewaffnet sind, werden von den Proband*innen dennoch als Gefahr angesehen. Das Beunruhigende daran ist, dass diese Verknüpfungen automatisch, ohne dass Proband*innen selbst negative Erfahrungen mit Schwarzen Menschen gemacht haben, stattfinden. Informationen werden in einem bestimmten Teil unseres Gehirns, der Amygdala gespeichert, die für schnelles Handeln zuständig ist. Unser Bewusstsein kann in diesem Wahrnehmungsprozess vorerst nicht eingreifen.

Jeder Mensch ist anfällig für stereotypische Bilder, sofern er sich nicht direkt und sehr explizit mit diesem Phänomen befasst und den Umgang mit unseren unbewussten Vorurteilen lernt. Ganz unabhängig von Gender, Hautfarbe, Herkunft oder Alter hat jeder Vorurteile, die fest in unserem Denkmuster verankert sind. Das führt dazu, dass diese Denkmuster sich auch auf unser Verhalten abfärben. Unsere Wahrnehmung wird bestimmt von Erfahrungen, kulturellen Prägungen, Beurteilungen und Deutungen, die sich wiederum auf unsere Handlungen und unser Denken auswirken.

Nun könnte man meinen, dass es nicht in unserer Macht stünde, gegen diese Automatismen anzukämpfen. Doch das ist falsch. Wir sind durchaus fähig, bestimmte Denkweisen und Wahrnehmungsmuster zu durchbrechen, indem wir sie uns immer wieder bewusst machen und stückchenweise versuchen, diese zu verlernen.

Fünf Schritte, um unbewussten Vorurteilen entgegenzuwirken

  1. Akzeptanz

Jeder Mensch hat unbewusste Vorurteile. Unser Gehirn verarbeitet Wahrnehmungen, indem es auf Erfahrungen, kulturellen Prägungen und Stereotypen zurückgreift. Dieser Prozess läuft automatisch ab, ohne dass wir in dieser Phase etwas dagegen ausrichten können. Mit dem Bewusstsein und dem Wissen um solche Mechanismen sollten wir diese Tatsache im ersten Schritt zunächst einmal akzeptieren.

Nun liegt es an uns herauszufinden, wann wir dazu neigen, Entscheidungen und Beurteilungen aufgrund von kognitiven Verzerrungen zuzulassen. Hierbei spielen äußere Einflüsse, die auf ihre Gefühlswelt einwirken, eine Rolle. Take-home Message: Identifizieren Sie die daher Situationen, in denen Sie dazu tendieren, stereotypische Annahmen über bestimmte Gruppen oder Personen zu fällen.

1. Beobachtung: Was nehmen Sie visuell wahr?

2. Interpretation: Wie gehen Sie mit diesen Wahrnehmungen um? Was denken Sie darüber und was verknüpfen Sie damit?

3. Bewertung: Was bewirkt das mit Ihnen? Welche Gefühle werden durch das Gesehene hervorgerufen? Wie wird Ihr Denken und Ihr Verhalten beeinflusst?

Diese Denkmuster müssen irgendwann entstanden sein. Dabei hat das soziale, kulturelle und gesellschaftliche Umfeld Einfluss darauf.  Finden Sie den Ursprung der Denkmuster heraus. Dabei ist es wichtig zu hinterfragen: „Wo habe ich erlernt, so zu reagieren?“ und „Welche kulturellen und sozialen Aspekte verknüpfe ich mit bestimmten Werten und Normen?“.

Durch die Bewusstmachung und Reflexion von Vorurteilen können wir ein Stück weit diesen Wahrnehmungsverzerrungen entgegenwirken.  Auch wenn diese Verknüpfungen sich unbewusst in unseren Köpfen abspielen, so können wir mithilfe unseres Wissens unser Gehirn dahingegen trainieren, dass es bewusst eine Korrektur vornimmt.

Quellen:

  1. https://www.charta-der-vielfalt.de/erfolgsgeschichten/zeige/fokusthema-unconscious-bias/, 27.09.2022
  2. https://www.anti-bias.eu/wissen/definitionen/unconsciousbias-definition/, 27.09.2022
  3. https://awo.org/was-ist-ein-unconscious-bias, 28.09.2022